Denis Becker Diplom-Designer (FH)

KONZEPT

Kognitive Dissonanz

Der aus der Psychologie stammende Begriff der Kognitiven Dissonanz beschreibt die Unvereinbarkeit von Erfahrungen und Informationen zu persönlichen Einstellungen und Gewohnheiten.

Die Grundlage der von Leon Festinger 1957 begründeten Theorie der kognitiven Dissonanz besagt, dass kognitive Elemente zueinander konsonant, dissonant oder irrelevant sein können. Konsonante Informationen stehen der bereits vorhandenen eigenen Meinung nahe; dissonante sind weit vom eigenen Standpunkt entfernt. Konsonante Informationen werden vom Menschen als angenehm empfunden und daher aktiv gesucht. Gleichzeitig wird versucht, dissonante Informationen zu vermeiden. Die Folge des geschilderten Verhaltens ist die selektive Wahrnehmung von Informationen und Medieninhalten.

Erst wenn die durch die Dissonanz erzeugte innere Spannung die individuelle Toleranzschwelle überschreite, ändere das Individuum die getroffene Entscheidung ab, um so Erfahrung und Entscheidung wieder zur Konsonanz zu bringen.

In Bezug auf die Problematik der Nutztierhaltung in einer Gesellschaft bedeutet dies:
Die Ansicht, dass eine Systematik wie die Nutztierhaltung und damit verbundene Automatismen wie Haltung, Nutzung und Schlachtung grundsätzlich abzulehnen sei, weicht von den »normalen« Vorstellungen in unserer Gesellschaft deutlich ab, und wird u.a. deshalb von einer großen gesellschaftlichen Mehrheit als dissonant empfunden.

Die gezielte Konfrontation der Gesellschaft mit diesen kritischen Informationen erzeugt ein kognitives Spannungsverhältnis, welches die Menschen zur Abänderung ihrer gebildeten Moralvorstellungen und Verhalten bewegen kann. Jedes gezeigte Bild, jeder schriftliche Kommentar, jede Diskussion – jede geäußerte Kritik am Status Quo – ist somit ein potenzieller Faktor bei der Neubewertung gegenwärtiger Umstände und Verhaltensgewohnheiten des Verbrauchers.

DIPLOMARBEIT

Im Zuge dieser Überlegungen ist meine Diplomarbeit »Plakate gegen Massentierhaltung« als ein eben solch dissonanter Einflussfaktor mit Auswirkung auf das moralisch-gesellschaftliche Verhalten der Verbraucher zu verstehen.

Die dissonante Information der Plakate wird von vielen Personen als zum eigenen Weltbild unstimmig wahrgenommen und automatisch einer Unbedeutsamkeit zugeordnet werden. Doch es wird ebenfalls Menge von Personen geben, deren Toleranzschwelle durch die vorgetragenen Informationen derart beeinflusst wird, dass sich relevante Meinungsänderungen ergeben.

FORMAT

Die Funktion des Plakats ist die schnelle Vermittlung von Informationen, oftmals verknüpft mit einer propagandistischen Absicht. Zur Zielgruppe des Plakats gehören nicht nur diejenigen, die diese Informationen suchen, sondern auch diejenigen, die das Plakat und seine Aussage im Vorbeigehen wahrnehmen. Aus dem urbanen Raum nicht mehr wegzudenken, kommt kaum ein großes gesellschaftliches Ereignis ohne das Plakat aus.

In Deutschland und Österreich werden die Plakatformate in Bogen bezeichnet, wobei ein Bogen der Papiergröße DIN A1 entspricht. Auf Großflächen und Mega-Lights kommen in der Regel 18/1-Bogen mit einer Breite von 3,56 m und einer Höhe von 2,52 m zum Einsatz. Aufgrund der weiten Verbreitung eignet sich die Großflächentafel als Medium für nationale Werbekampagnen.

Begreifen wir Plakate als generelles Mittel der Kommunikation, lassen sich auch kritische und unbequeme Botschaften finden, durch die ein öffentlicher Diskurs angeregt werden kann. Mit unbequemen Themen werden wir im öffentlichen Raum selten konfrontiert. Es stehen zwar aufklärende Informationsmedien zur Verfügung, allerdings setzt sich nur der von Haus aus »kritische Konsument« eingehender damit auseinander. Genau hier liegt der entscheidende Vorteil der Plakate, sie können eine größere Masse erreichen und dazu animieren, sich eingehender mit diesen unbequemen Wahrheiten auseinanderzusetzen.

WERBUNG UND REALITÄT

Die gezielte Beeinflussung von Konsumenten durch Werbung dient dazu, den Kaufreiz der Verbraucher zu wecken und zu verstärken. Produkte werden mit einem bestimmten Image belegt. Eigenschaften und Versprechungen werden in typischen Botschaften durch Werbung und Produktgestaltung transportiert.

Besonders auffällig ist dabei, wie oft Wirklichkeit und Werbung voneinander abweichen, wenn wir uns die Waren und die damit verbundenen Hintergründe etwas genauer ansehen. Die übertrieben Darstellung völlig unrealistischer und idyllischer Zustände, soll dem Verbraucher ein sauberes Image und eine unbedenkliche Herkunft suggerieren. Produkte deren Image durch einen gesellschaftlichen moralischen Diskurs angreifbar ist, sind häufig von einer enorm von der Realität abweichenden Darstellung gekennzeichnet. Produkte die primär unter Einsatz von Nutztierhaltung zustande kommen, wie z.B. Schinken, Wurst, Eier oder Käse werden verstärkt in einer den kritischen Umständen gegenteiligen Darstellung beworben.

Beispiel Milch - Während zur Herstellung von Milch die Kühe künstlich besamt, zyklisch geschwängert, von ihren Kälbern getrennt, zweimal täglich gemolken und später geschlachtet werden, wird in der Darstellung der entsprechenden Milchprodukte oftmals eine traumhafte Idylle von freien und glücklichen Kühen präsentiert.

Was Industriekonzerne mit ihren Werbestrategien erfolgreich praktizieren, haben sich kleinere Hersteller und Anbieter abgeschaut. So gibt es Darstellungen lachender Schweine, die mit Zustimmung und voller Zufriedenheit einen toten Artgenossen dampfend auf dem Teller präsentieren. Viele Menschen nehmen diese höchst widersprüchlichen Botschaften gar nicht mehr bewusst wahr. Werbung und Realität – Eine trügerische Phantasie.